Am Strand, einsam
Immer, wenn ich mich der ernüchternden Realität entziehen will, flüchte ich an meinen ganz geheimen Platz: an einen einst begehrten Strand.
Einsam liegt er nun vor mir, wartet geduldig auf jemanden, verschwindet nie, bleibt beharrlich und summt ein rauschendes Wellenlied, das mich wohlig entspannt.
Ich lasse meinen schweren, erschöpften Körper auf den feuchten, bräunlichen Sand fallen. Möwen fliegen Kreise über meinem Kopf und lassen meine müden Augen nach oben blicken, währenddessen die Vögel sich geräuschvoll um Fisch streiten.
In der Ferne sehe ich vereinzelt grüne Riesen, die achtend ihre Wache halten; stumm und stetig haben sie ihre Wurzeln in die Erde vergraben, auf ewig dort zu bleiben.
Mein Blick schweift über das aufgewühlte Meer, das seine Fänge nach mir recken will; eine nasse Verlockung, die nach mir zu rufen scheint.
Ich streife meine scheinbar unnützen Socken und Schuhe ab, stecke meine Zehen in den feuchten Sand und lasse meinen Körper zu Boden gleiten.
Meine Augen erblicken das schwindende Sonnenlicht, wie die Welt ihre Drehung fortsetzt und sich das rosa-orange-rote Sonnenlicht im aufgebrachten Meer spiegelt und ganz selbstverständlich schöner glänzt, als es jeder Diamant vermögen könnte.
Die Bäume tanzen ein Schattenspiel, das nun langsam zu wachsen scheint.
Die Möwen verstummen und ich spüre, wie mich das beruhigende Rauschen sanft umschlingt; mit seinen salzigen, feuchten Fängen lockt es mich ins aufgewühlte Wasser – geradezu unwillkürlich werfe ich meine Kleidung ab und gebe mich der Verlockung hin und atme ein und aus, die nassen Hände meinen Körper ziehend – und ich drifte ab in die unendliche Stille.
Anna Lengauer 4D // 2020 // Fiction // Stimmungsschilderung