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Im randvoll besetzten Festsaal ist es mucksmäuschenstill geworden als die heute 94jährige Anna Hackl ihre Geschichte beginnt: „Ich werde euch heute eine Geschichte erzählen“, beginnt sie, „schön ist sie nicht, aber zum Glück ist sie gut ausgegangen, sonst würde ich heute nicht hier sitzen.“ Die letzte noch lebende Zeitzeugin der vor 80 Jahren stattfindenden „Mühlviertel Hasenjagd“ hat es sich seit Jahrzehnten zur Aufgabe gemacht, über dieses dunkle Kapitel Oberösterreichs während der Zeit des NS-Terrors zu berichten. Bis heute, unermüdlich, besucht Anna Hackl Schulen, Vereine und andere Organisationen um die Geschehnisse aus ihrer Sicht, eines damals 13jährigen Mädchens, zu erzählen.
Vor mehr als 200 Schüler:innen des BRG Hamerling erzählt Frau Hackl über den Mut ihrer Mutter Maria Langthaler, die nach dem erfolgreichen Ausbruch von 150 sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem KZ Mauthausen, zwei Flüchtigen das Leben rettete: Die Familie versteckte Nikolai Zemkalo und Michael Rjabtschinkij drei Monate lang – bis zum Ende des 2.Weltkriegs in ihrem Haus und schenkte ihnen beiden ein zweites Leben. Es ist eine inspirierende Geschichte, voller Mut, Dankbarkeit und Gottglauben, eine Geschichte, in der eine Frau aus tiefster Überzeugung und unter Gefahr für das eigene Leben, Menschlichkeit beweist, um Leben zu retten. Anna Hackl erzählt von diesen wichtigen und gleichsam schweren Stunden sehr eindrücklich und dankbar.
Es sind Geschichten wie diese, die für das Nachkriegs Österreich im Jahr 2025 von größter Bedeutung sind. Geschichten, die nicht von Schuld, Tat und Schande belastet sind, sondern solche, die zeigen, dass der Mensch als freies Wesen handeln kann: Jede noch so große Unterdrückung, jeder noch so autoritärer Charakter eines Regimes unterbindet nicht, wofür es sich zu kämpfen lohnt: Der Hoffnung, dass auch diese schlimmen Zeiten vorüber gehen. Menschen wie Maria Langthaler sind immens wichtig für die österreichische Seele, für unser aller Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gleichschaltung und ihrer Verbrechen. Weil wir wissen, dass Menschlichkeit und Hilfsbereitschaft nie gänzlich verloren gehen.
Solche Geschichten darf und soll man erzählen, immer und immer wieder. Ob im Frieden oder im Krieg, sie ermutigen uns alle für unsere Überzeugungen aufzustehen.
Frau Anna Hackl, danke dafür.
Mag. Harald Rechberger
Weitere Infos:
https://www.meinbezirk.at/linz/c-lokales/ein-krieg-ist-immer-etwas-sehr-schreckliches_a7138830
https://on.orf.at/video/13243189/13388141/anna-hackl-die-muehlviertler-hasenjagd